Nach meinem Beitrag über die erneut aufflammende Diskussion um das Betreuungsgeld, bin ich mit der Frage konfrontiert worden, warum es eigentlich immer nur die Rolle der Mütter sei, die bei den Verteidigern dieser Unterstützungsleistung in den Mittelpunkt gerückt werde – ob Väter denn nicht auch eine wichtige Rolle in der Prägung der Kinder hätten?
Nun habe ich dazu keine empirischen Studien, wohl aber persönliche Erfahrungen und eine Meinung beizusteuern. Die wird vermutlich progressiven Familiengestaltern nicht schmecken, aber wenn ich schon gefragt werde, hat der Fragende auch Anspruch auf eine Antwort.
Da mein Vater seit einiger Zeit ebenfalls zu den Lesern dieses Blogs zählt, muss ich im Folgenden ein bisschen vorsichtig sein – unter Westfalen ist das Lob eher unüblich wie unter Schwaben: „Nicht getadelt ist genug gelobt!“ Trotzdem möchte ich von meinen „väterlichen“ Erfahrungen aus der Kindheit berichten, die sich in vieler Weise noch anders dargestellt haben, als sie es heute bei vielen, auch bei uns zu Hause, tun. In aller Kürze könnte man sagen: Mein Vater war präsent!
Er war bis zu seiner Rente kaufmännischer Angestellter in einem Geschäft meiner Heimatstadt, was wichtige Bedeutung für unseren Tagesablauf hatte: Arbeitsbeginn damals 9:00 Uhr morgens, Mittagszeit soweit ich mich erinnere von 13:00 bis 15:00 Uhr, ab 18:30 Feierabend. Für mich bedeutete das, dass ich meinen Vater meistens morgens gesehen habe, und wir – wenn ich nicht länger in der Schule war – auch gemeinsam zu Mittag gegessen haben. In der Mittagspause habe ich als Kind meine Hausaufgaben gemacht, die mein Vater zumindest zu Grundschulzeiten begleitet und geprüft hat. Der Abend war dann geprägt durch ein gemeinsames Abendessen und die gemeinsame Gestaltung des Restes des Abends. Natürlich waren meine Eltern auch mal aus, aber nicht in einer Frequenz, dass ich nicht sagen würde, sie seien eigentlich – beide – immer da gewesen.
Wochenenden und Urlaube haben wir gemeinsam verbracht, es gab keine großen Reisen, aber die gemeinsamen Urlaube in den Bergen sind mir bis heute in guter Erinnerung geblieben (vielleicht daher meine Vorliebe für Bayernurlaub). Irgendwann hatte ich natürlich auch Freunde und Hobbys, die die Zeit eingeschränkt haben, aber die Fixpunkte, wann mein Vater für mich immer erreichbar war – das Mittagessen, der Abend und die Wochenenden – haben sich dadurch nicht geändert.
Ich habe schon öfter meiner Überzeugung Ausdruck verliehen, dass es die Bindung zu den Eltern ist, die für Kinder, besonders in den ersten Lebensjahren aber auch über die gesamte Zeit der Jugend, wichtig ist. Und hierfür habe ich in meinem Vater ein echtes Vorbild! Vielleicht, ich muss ihn mal fragen, hätte er auch lieber ein bisschen mehr unternommen, was mit Kindern nicht geht; vielleicht hätte er auch lieber an seiner Karriere gearbeitet, die aber viel Zeit gekostet hätte und weniger Zeit für die Familie gelassen hätte. Vielleicht hat er auch das eine oder andere Mal gesehen, dass das Leben mit der Familie sich ganz anders darstellt, als man sich das als Jugendlicher vielleicht für sein Leben vorgestellt hat.
Aber selbst wenn: Er hat eine Entscheidung getroffen und sie mit Haut und Haaren gelebt! Für seine Familie, für meine Mutter und für mich (ich bin Einzelkind) – und sich selbst in den Hintergrund gestellt. Ich gebe zu, dass ich das als Jugendlicher und junger Erwachsener oft nicht verstanden habe – aber heute weiß ich nicht nur, wie wichtig dieses Leben, auf das er sich eingelassen hat, für mich war, sondern auch, wie viel ich davon lernen kann.
Die wichtigste Bezugsperson jedes kleinen Kindes (und das hört über das weitere Leben hoffentlich nicht auf) ist die Mutter, das bedeutet aber nicht, dass die Rolle des Vaters vernachlässigbar wäre. Schaut man die Bibel sieht man dort nicht zufällig Gott mit dem Bild des Vaters versehen: manchmal streng, manchmal barmherzig, immer liebevoll – und immer in vollem Einsatz für die Familie. Es sind auch die anderen Rollenmodelle der Bibel, von Josef, dem Ziehvater Jesu, bis hin zum Gleichnis vom verlorenen Sohn was eigentlich das Gleichnis des barmherzigen Vaters ist , die ein Idealbild des Vaters zeichnen.
Ich selbst scheitere möglicherweise immer mal wieder an diesem Anspruch und so wird es wohl allen Vätern gehen, aber diese beiden Beispiele verdeutlichen vielleicht, welch wichtige Rolle dem Vater auch in der Schöpfung zugeordnet ist.
Nun kann man sich fragen, warum beim Betreuungsgeld immer die Konstellation der zu Hause bleibenden Mutter und dem arbeitenden Vater im Raum steht – geht es nicht auch andersrum? Meine Antwort auf diese Frage stellt alle Genderideologie in Frage: Doch, es geht, aber es geht nicht gut! Das Rollenvorbild von Müttern ist ein ganz anderes als das der Väter – was eine Mutter für ein Kind bedeutet, ist die bedingungslose Liebe, auch die körperliche Nähe, der Trost bei großen und kleinen Katastrophen des jungen Lebens. Die Rolle des Vaters ist dagegen eher die des Erziehers, barmherzig und liebevoll aber auch fordernd. Beides – wohlgemerkt – Blaupausen, die notwendigerweise keine Grautöne aufzeigen, die es natürlich gibt. Aber diesen beiden Rollenmodelle ordnen sich auch notwendige Präsenzen zu: Die Mutter quasi den ganzen Tag, der Vater zu bestimmten Zeiten – letzteres je mehr desto besser.
Wenn also bei der Frage nach dem Betreuungsgeld auch in Frage gestellt wird, ob es denn immer die Mutter sein muss, die zu Hause bleibt, während der Vater „Geld verdient“ (Arbeit ist beides, erstere in mancherlei Hinsicht noch mehr als der traditionelle Begriff von Arbeit), dann würde ich antworten: Besser wäre es! Es geht dabei – das wird einer solchen Positionierung vorgeworfen – nicht darum, die Mutter an Heim und Herd zu binden, es geht auch nicht darum, die Rolle des Vaters gering zu schätzen, es geht lediglich um die Frage, was für das Kind das beste ist.
Dass nicht wenige von einem solchen Ideal Abstriche machen müssen, sei es aus finanziellen oder aus anderen persönlichen Gründen, ist auch klar – aber den Blickwinkel zu wechseln weg von Job, Karriere und wirtschaftspolitischen Erwägungen hin zu der Frage, was die berechtigten Anforderungen eines Kindes sind – Liebe, Bindung, letztlich soviel Zeit mit den Eltern wie möglich –, damit wäre in der Diskussion um das Betreuungsgeld schon einiges gewonnen!
Zuerst erschienen auf papsttreuer.blog.de